Über den relativen Mut

04. Okt. 2024

Warum andere mich mutig nennen - und ich mich nicht

"Ich kündige."

"Was ist dein Plan? Hast du einen besseren Job gefunden?"

"Nein, ich werde mein eigenes Unternehmen gründen"

"Ah, dann hast du endlich die Idee, auf die du so lange gewartet hast?"

"Nein, aber ansonsten werde ich es auch nicht herausfinden."

"Oh, und wie willst du Geld verdienen?"

"Ich weiß es noch nicht."

"Wie bezahlst du das alles dann?"

"Ich hab etwa 1 Jahr um das herauszufinden"

"Wow. Wie Mutig."

Mutig?

Das Wort habe ich in den letzen Monaten oft gehört, oft sogar in Kombination mit mir. Das Seltsame daran ist, mutig finden mich immer nur die anderen. Ich selbst sehe ja auch all meine Ideen, die ich nicht verfolge - all die Momente, in denen ich mich nicht traue, etwas zu machen. Für die anderen ist es Mut, für mich ist es garnicht mehr mutig.

Wenn man nach rechts und links schaut, sehe ich Menschen, die ich mutig finde. Menschen, die mich beeindrucken bei ihren verrückten Abenteuern. Letzte Woche habe ich eine Koreanerin kennengelernt, sie ist damals nach einer Weltreise ganz alleine nach Europa gezogen - das finde ich mutig.

Oft findet man bei den gleichen Personen, dann direkt noch mehr Mut:

  • Sie ist etwa 8500km mit dem Fahrrad von China bis nach London gefahren
  • Sie hat sich selbst Deutsch beigebracht, in dem sie Bewerbungsgespräche am Telefon geführt hat - mit einem Text, den sie vorher geschrieben und übersetzt hatte.

Wir alle sind mutig.

Aber Mut ist nicht absolut, sondern relativ.

Heute will ich nicht mehr mutig sein.

Sondern mutiger als gestern.